Pfarrei Grossdietwil Knappes Ja zum Generationenwohnen

Knappes Ja zum Generationenwohnen

Mit 22 Ja- zu 18 Nein-Stimmen genehmigten die Stimmberechtigten der Kirchgemeindeversammlung den Planungskredit für den Neubau «Kaplanei». Voraus ging eine intensive Diskussion, in welcher der Kirchenrat auch Kritik einstecken musste.

Es ist ein mutiges Projekt für eine Landgemeinde wie Grossdietwil: Sechs kompakte Wohnungen mit Bad und kleiner Küche bilden die privaten Rückzugsmöglichkeiten der künftigen Mieterinnen und Mieter im Neubau Kaplanei. Ergänzt werden sie mit einer grosszügigen Wohnküche, welche das Leben in einer Gemeinschaft ermöglicht. Der Kirchenrat spricht von «Generationenwohnungen». Andernorts nennt sich dieser Wohnungstyp «Clusterwohnen» und wird beispielsweise in der Genossenschaft Kalkbreite in Zürich bereits seit zehn Jahren gelebt. Doch Grossdietwil ist nicht Zürich. Das war einer der Kritikpunkte an der Kirchgemeindeversammlung vom Samstagabend. Rund zwei Stunden lang diskutierten die 40 Stimmberechtigten intensiv – mitunter auch angriffig – über das Für und Wider dieses innovativen Projekts.

Finanziell machbar und ideell sinnvoll
Kirchenratsvizepräsident Hans Peter Steffen-Mächler präsentierte die Fakten und Zahlen. Das Neubauprojekt sei finanziell vertretbar. Viele wichtige Infrastruktur-Investitionen habe man in den letzten Jahren getätigt. Die Kirchgemeinde besitze liquide Mittel von über einer Million Franken. Auch die Zinssituation spreche für eine Investition. Der Neubau Kaplanei könne zudem langfristig neue Mieteinnahmen generieren. Diese würden von heute rund 45 000 Franken (Vermietung Wohnungen Pfarrhaus, bestehende Kaplanei und Pfarreiheim) auf insgesamt rund 165 000 Franken steigen. Der Gegenwert sei also gegeben, eine Erhöhung der Kirchensteuer (aktuell 0,41 Einheiten) nicht nötig.

Doch nicht nur finanzielle Gründe treiben den Kirchenrat an. Das erklärte Kirchenratspräsidentin Carmen Schmid-Blum: «Es gibt leider viel Einsamkeit. Die Gemeinschaft zu fördern ist ein kirchliches Thema.» Das Bauprojekt passe deshalb gut zu einer Kirchgemeinde, auch wenn sich der Kirchenrat bewusst sei, dass im «fast WG-ähnlichen Projekt» vielleicht nicht sofort alle Wohnungen vermietet werden könnten. «Wir wollen unsere soziale Verantwortung wahrnehmen.»

Zu avantgardistisch für Grossdietwil?
Mehrere Votantinnen und Votanten zeigten sich jedoch skeptisch. Insbesondere wurde kritisiert, dass die Versammlungsteilnehmenden im Voraus keine Botschaft mit konkreten Zahlen und Fakten zum Projekt erhalten hatten. «Innert Kürze können wir das unmöglich überprüfen», so ein Votant. Auch über die Höhe der zu erwartenden Bausumme herrschte Unklarheit. Die genaue Investition könne man erst nach der Detailplanung beziffern, so Hans Peter Steffen. Der Kirchenrat gehe jedoch von «maximal drei Millionen für den Neubau» aus. Später wurde diese Aussage jedoch wieder etwas verwässert. Eine Votantin beantragte die Ablehnung aus verschiedenen Gründen: Es sei nicht Aufgabe einer Kirchgemeinde, Wohnungen zu erstellen. Sie befürchtete zudem, die geplanten Clusterwohnungen «ohne Balkon – «wie ein Gefängnis» seien in Grossdietwil nicht zu vermieten und prophezeite die Erhöhung der Kirchensteuer. Andere stellten sich hinter den Kirchenrat. Ein Teilnehmer bedankte sich beim Gremium für den Mut, ein wichtiges Thema aufzugreifen und etwas Neues zu wagen.

Nein-Stimmen ernst nehmen
Nach der intensiven Diskussion beantragte eine Versammlungsteilnehmerin die geheime Abstimmung, was gutgeheissen wurde. Das Ja zum Planungskredit von 250 000 Franken für den Neubau Kaplanei fiel mit 22 Ja zu 18 Nein zwar knapp, aber klar aus. Kirchenratspräsidentin Carmen Schmid bedankte sich für das Vertrauen. Nach der Versammlung zeigte sie sich aber auch selbstkritisch: «Das Ergebnis zeigt, dass doch ein recht grosser Anteil der Leute unserer Idee kritisch gegenübersteht», sagte sie gegenüber dem Willisauer Boten. «Das bedeutet, dass wir mit dem Projekt sehr sorgfältig umgehen müssen, insbesondere auch bezüglich Finanzen. Wir müssen gewissenhaft klären, welche Idee wir umsetzen und welche nicht.» Carmen Schmid zweifelt jedoch nicht grundsätzlich: «Ich bin sicher, wir können mit diesem Projekt etwas Gutes bewirken. Zusammen leben und zueinander schauen wird in Zukunft noch wichtiger sein», so ihre Überzeugung.

Das Neubauprojekt
Auf der Parzelle der bestehenden Kaplanei will die Kirchgemeinde ein neues Mehrfamilienhaus mit voraussichtlich sechs 1,5- bis 3,5-Zimmer-Mietwohnungen erstellen. Diese werden mit Gemeinschaftsräumen und einem Mehrzweckraum im Grundgeschoss ergänzt. Die Idee des Projekts „Tilia“ stammt vom Architekturbüro Atak GmbH aus Zofingen, in Zusammenarbeit mit der Schaerholzbau AG, Altbüron. Mitinhaber von «Atak» ist der gebürtige Grossdietwiler Thomas Affantranger. Nach dem Ja zum Planungskredit wird das Projekt nun gemeinsam mit dem Architekturbüro ausgearbeitet. Mitte 2025 sollen die Ausschreibungsunterlagen verschickt werden. Das Baubewilligungsverfahren soll im Herbst 2025 starten. An der Budget-Versammlung im November 2025 können die Kirchgemeindemitglieder voraussichtlich über den Baukredit befinden. Bei einem Ja erfolgt der Baustart Anfang 2026.

Ja zum Voranschlag 2025
Einstimmig war das Ja zu einem zweiten Planungskredit. Die Kirchgemeindeversammlung genehmigte 70 000 Franken für die Sanierung der bestehenden Kaplanei. Diese soll ab 2028 für rund eine Million Franken renoviert werden. Die Vorarbeiten werden ebenfalls jetzt aufgenommen, um Synergien zu nutzen – beispielsweise mit einer gemeinsamen neuen Heizung für die bestehende Kaplanei und den Neubau, der direkt daneben zu stehen kommt.

Ebenfalls einstimmig Ja sagten die Teilnehmenden zum Budget 2025, welches bei einem Aufwand von rund 740 000 Franken ein kleines Defizit von 1585 Franken ausweist. Sämtliche Kennzahlen wie Verschuldungsgrad oder Zinsbelastungsanteil sind im grünen Bereich. Aktuell weist die Kirchgemeinde Grossdietwil ein Pro-Kopf-Guthaben von 632 Franken aus. Trotz Zustimmung sorgte das Budget 2025 für Fragen und Diskussionen. Analog dem Planungskredit für den Neubau Kaplanei wünschte sich ein Teilnehmer künftig mehr Detailinformationen, insbesondere die Publikation eines Finanzplans sowie Kommentare zu speziellen oder abweichenden Budgetposten. Derselbe Versammlungsteilnehmer stellte den Antrag, die Beiträge an die beiden Kapellenvereine «St. Antonius Altbüron» und «St. Aper Fischbach» von 1500 auf 3000 Franken zu verdoppeln. Diese würden der Kirchgemeinde viel Arbeit abnehmen und gut arbeiten. Der Antrag konnte aber nicht behandelt werden, weil er gemäss Rechnungskommissionspräsident Stefan Solenthaler zehn Tage im Voraus hätte eingehen müssen. Der Kirchenrat nehme das Anliegen auf und prüfe es, sagte Kirchenratspräsidentin Carmen Schmid. Kritisiert wurde zudem der relativ hohe Betrag für den Unterhalt der Priestergräber (jährlich 3600 Franken). Auch diesem Thema will sich der Kirchenrat annehmen, versprach Carmen Schmid. Eine Votantin zeigte sich sehr unzufrieden mit dem budgetierten Beitrag von 199 000 Franken an den Pastoralraum Hinterland. Die Grundsatzfrage über die Vor- und Nachteile des seit vier Jahren bestehenden Pastoralraums, welcher die Pfarreien Grossdietwil, Luthern, Ufhusen und Zell umfasst, sprengte jedoch den Rahmen der Kirchgemeindeversammlung und blieb unbeantwortet.

Text und Bild: Astrid Bossert Meier