Versöhnungsweg und Versöhnungs-Familiengottesdienst
Während des 4. Schuljahres lernen die Kinder im Religionsunterricht, dass es für ein friedliches Zusammenleben Regeln braucht und reflektieren dabei, dass trotzdem immer wieder Streit oder Verfehlungen passieren können. Übers ganze Schuljahr verteilt, wird der Prozess der Gewissensbildung sorgsam begleitet und gestaltet.
Am extra dafür aufgebauten Versöhnungsweg in und um die Kirche Luthern tauchten am 17. Mai 2022 die 4. Klässler zusammen mit einer Vertrauensperson – in diesem Jahr waren es Mütter oder Väter – in ihre individuellen Lebensbereiche wie Familie, Schule, Freizeit, Schöpfung und Glauben ein. Auf altersgerechte und kreative Art und Weise wurden sie angeregt, sich über ihr eigenes Verhalten Gedanken zu machen und sich ihrer Stärken und Schwächen bewusst zu werden. Sie erfuhren dabei, dass Gott JA zu ihnen sagt – unabhängig von ihren hellen und dunklen Seiten. Dabei durften sie ihre negativen Gefühle in Form einer individuell mitgetragenen Scherbe symbolisch auf ein Scherbenkreuz ablegen und dort befestigen. Gegen Ende des Stationenweges fand anstelle der früheren Erstbeichte ein persönliches Gespräch mit Pastoralraumleiterin Anna Engel statt. Die Eltern hatten unterdessen Zeit, sich auch selbst in das Thema Versöhnung zu vertiefen und dem Kind einen wertschätzenden Brief zu schreiben.
Als Zeichen dafür, dass auch aus Scherben wieder Schönes wachsen kann und hoffentlich von der Zuversicht getragen, dass man auch in schweren Zeiten getragen ist, machten sich die Kinder am Schluss mit einer kleinen Sukkulente und ihrem persönlichen Versöhnungsheft erleichtert auf den Heimweg.
Am Sonntag, 22. Mai 2022 waren am Versöhnungs-Familiengottesdienst die Familien der Schüler, aber auch Gemeindemitglieder aus nah und fern eingeladen, sich immer wieder auf den Weg zur Versöhnung zu machen. Denn aufeinander zugehen, einander und auch sich selbst Vergebung zu schenken, ist ein Thema, das uns alle, von Jung bis Alt, angeht.
Anhand der biblischen Geschichte vom verlorenen Sohn erläuterte Anna Engel, wie befreiend Versöhnung sein kann, indem Schuld nicht verdrängt oder abgeschoben wird, sondern heilsam aufgearbeitet wird, damit gesundes, neues Leben entstehen darf. Die von den Kindern formulierten und vorgetragenen Fürbitten verdeutlichten die tiefe Bedeutung dieser Befreiung, die man sich selbst oder dem Gegenüber schenken kann und welche wir vor allem von unserem Schöpfer immer wieder geschenkt bekommen.
Veronika Blum, welche mich bei der Realisation des Versöhnungsweges tatkräftig unterstützte, trug davor mit mir zusammen ein schlichtes Rollenspiel vor, welches den Inhalt des Vaterunsers anschaulich verdeutlichte. So wurden alle daran erinnert, dass uns Jesus mit seinen Worten DAS Versöhnungsgebet mit auf unseren Weg gegeben hat.
«… Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsren Schuldigern. … »
Beim Zuhören, beim miteinander Singen und Beten und speziell bei der Kommunion, feierten alle den besonderen Moment gelebter Gemeinschaft und der ausgeteilte Segen der Vergebung und Versöhnung wirkt hoffentlich bei allen noch lange nach.
Der Versöhnungsweg bleibt während einer Woche für alle zur freien Benützung offen. Bedenklich ist, dass bald nach dem Gottesdienst der neuwertige Schulrucksack und ein Etui, welche beide zur Deko dienten, sowie eine Taschenlampe aus der Kirche gestohlen wurde. Es wäre schön, wenn diese Sachen den Weg zurück zu uns fänden.
Text: Heidi Meier Huber, Fotos: Veronika Blum